Vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang durch den nördlichen Schwarzwald. 13 Stunden Nonstop mit dem Singlespeed begleitet von Panoramablicken. Ein herrlicher Sommertag zum Mountainbiken, meint Mila Kusmenko.
Wegen der Corona-Pandemie findet das MTB Nachtrennen Schlaflos im Sattel 2020 im Pfälzer Wald nicht statt. Inspiriert durch die Absage und die daraus entstehende Alternative SiS@Home macht sich Mila für ihr nächstes Abenteuer bereit.
SiS Klassik
Normalerweise startet SiS beim Sonnenuntergang am 1. Wochenende im August am Samstag um 20:52 Uhr und endet beim Sonnenaufgang am Sonntag um 05:59 Uhr. Die ganze Nacht kreisen 2er-, 4er-Teams und Einzelstarter durch den Wald. Es sieht wie eine leuchtende riesige Schlange aus, die sich durch die Dunkelheit schlängelt. Faszinierend!
In einem Jahr hat es sehr stark geregnet. Der finale Downhill war so matschig geworden, dass man auch bergab noch kräftig treten musste. Man sagt zurecht über SiS, das Event sei „dunkel, hart und kalt„. Als Solofahrerin hält Mila drei Jahren nach einander ihren persönlicher Rekord von 11 Runden.
SiS Reverse
Statt 9 Stunden nachts durch den Wald zu kreisen beschliesst Mila Kusmenko vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang durch ihre Wahlheimat Schwarzwald zu fahren und dabei ein paar neue Strecken zu checken. Wenn alles nach Plan läuft, wird sie nach 13 Stunden Fahrt so etwa 130 km und knapp 3.000 Hm in ihren Beinen haben.
Der Plan
Als der entfernteste Punkt ihrer Runde hat Mila das Schloss Eberstein bei Gernsbach im Murgtal gesetzt. Die Sage vom Grafensprung beschäftigt seit kurzem ihre Fantasie. Laut der Sage, solle der Graf Wolf von Eberstein aus der von Württembergern belagerten Burg durch einen gewaltigen Sprung mit seinem Ross vom steilen Felsen direkt in die Murg entkommen sein. Es ist nicht verkehrt, seinem Geist eine Beschäftigung zu schenken, während man seinen Körper bis an die Grenze seiner Erschöpfung treibt.
Die Strecke speichert sie auf ihrem Garmin GPS-Gerät. Am Tag vorher ließ sie die Tour noch mal durch ihren Kopf gehen. Direkt von Zuhause nach oben Richtung Zuflucht und ab dort dem Westweg folgen bis nach Sand an der Schwarzwaldhochstraße und dann Richtung Badener Höhe halten. Weiter über die Rote Lache zum Schloss Eberstein. Am Schloss eine Mittagspause mit selbst gemachten Broten und den Blick ins Murgtal genießen. Anschließend das Tal Richtung Loffenau überqueren und wieder einen Weg nach ganz oben zu dem Teufelsmühlenturm finden, weiter Richtung Hohlohturm fahren und dann auf dem Mittelweg nach Besenfeld, weiter nach Baiersbronn. Der letzte Anstieg rauf nach Kniebis und dann ist es fast bis nach Hause geschafft.
Ein Sommertag im Sattel
„Gut geplant und Glück gehabt“, so berichtet Mila am Abend Zuhause über ihr Abenteuer. Aufgewacht im Morgengrauen ohne einen Wecker erlebt sie auf dem Weg nach Zuflucht das grandiose Naturspektakel: Die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich hinter dem Windrad an der Alexanderschanze. Der ganze Weg bis zum Ruhestein liegt noch im kühlen Schatten der Berge. Erst die Auffahrt vom Seibelseckle zu der Hornisgrinde kündigt die Hitze des bevorstehenden Tages an.
Auf dem Weg zur Roten Lache muss sie kurz anhalten um den Blick auf die YBurg, das Alte Schloss Hohenbaden, Battertfelsen und die Alt-Eberstein Burg wahrnehmen zu können. Kelten, Römer, Alemannen und Franken zogen einst durch dieses Land, sie kamen und gingen. Ob auch mal einer von ihnen an dieser Stelle stand und wie Mila erstaunt nach Westen schaute, dabei in Gedanken, wie schön es hier ist. In ihrer Fantasie reiten die Ritter der Grafen von Eberstein diesen Weg von Süden zur der Eberstein Burg.
…Um 12:04 Uhr verspeist Mila ihr Brot vor dem Tor der Eberstein Burg und lacht dabei: „Eine Verspätung zur Mittagspause um 4 Minuten ?“.
Bis dahin läuft es überraschend gut. Ab Loffenau ist es das Ende der Komfortzone. Der geplanten Weg lässt sich einfach nicht finden. Hitze, Zweifel, steile Schiebepassagen, lästige Fliegen und Durst reduzieren Milas Wahrnehmung auf pures Durchhalten. Als Mantra wiederholt sie sich: „Alles hat sein Ende, nur die Wurst zwei“.
Circa drei Stunden braucht sie um oben am Teufelsmühlenturm anzukommen. Die weitere Fahrt auf einer zweispurigen Waldpiste wirkt auf Mila ziemlich monoton, fast langweilig. Sie hat sich auf die Begegnung mit diesem seit uralten Zeiten bekannten Handelsweg vom Badischen Land in die Württembergerische Gebiete, der Alten Weinstraße genannt, sehr gefreut. Aber zum Mountainbiken macht dieser Weg wenig Spaß.
Kein Brunnen ist weit und breit zu sehen. Die Bäche sind von der Hitze der letzten Wochen ausgetrocknet. Weißer Staub bedeckt den Rahmen ihres Schwarzen Endos. Ihre Füße brennen und bitten um Gnade.
Ein paar Minuten barfuß auf dem abkühlenden und sanften Grass zu stehen rettet schon die schwindende Stimmung. Und das grade an der Stelle, wo der Mittelweg die unendliche Forest-Autobahn verlässt und in einen knapp über 10 km langen verspielten Trail durch eine blühende Heide verwandelt. Hier herrscht Wildnis pur. Vom Blitz angeschlagene kahle Baumstämme stehen hier und dort. Die Spuren der Alten Weinstraße sind optisch nicht mehr zu erkennen. An der Hütte zum Toten Man wird der Trail wieder zu einer breiten zweispurigen Schotterpiste, die nach Besenfeld führt.
Von Besenfeld bis nach Baiersbronn ist es nur noch ein Katzensprung. Danach führts die leicht steigende Sankenbachstraße rauf nach Kniebis. Milas Herz klopft schneller, als sie auf dem Bauerkopf über Bad Griesbach steht und den Sonnenuntergang betrachtet. Nach 13-stündiger, pannenloser Fahrt ist sie im richtigen Moment am Ende ihres SiS@Home Abenteuers angekommen.
Vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang durch den nördlichen Schwarzwald. 13 Stunden Nonstop mit dem Singlespeed begleitet von Panoramablicken. Ein herrlicher Sommertag zum Mountainbiken, meint Mila Kusmenko.
Wegen der Corona-Pandemie findet das MTB Nachtrennen Schlaflos im Sattel 2020 im Pfälzer Wald nicht statt. Inspiriert durch die Absage und die daraus entstehende Alternative SiS@Home macht sich Mila für ihr nächstes Abenteuer bereit.
SiS Klassik
Normalerweise startet SiS beim Sonnenuntergang am 1. Wochenende im August am Samstag um 20:52 Uhr und endet beim Sonnenaufgang am Sonntag um 05:59 Uhr. Die ganze Nacht kreisen 2er-, 4er-Teams und Einzelstarter durch den Wald. Es sieht wie eine leuchtende riesige Schlange aus, die sich durch die Dunkelheit schlängelt. Faszinierend!
In einem Jahr hat es sehr stark geregnet. Der finale Downhill war so matschig geworden, dass man auch bergab noch kräftig treten musste. Man sagt zurecht über SiS, das Event sei „dunkel, hart und kalt„. Als Solofahrerin hält Mila drei Jahren nach einander ihren persönlicher Rekord von 11 Runden.
SiS Reverse
Statt 9 Stunden nachts durch den Wald zu kreisen beschliesst Mila Kusmenko vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang durch ihre Wahlheimat Schwarzwald zu fahren und dabei ein paar neue Strecken zu checken. Wenn alles nach Plan läuft, wird sie nach 13 Stunden Fahrt so etwa 130 km und knapp 3.000 Hm in ihren Beinen haben.
Der Plan
Als der entfernteste Punkt ihrer Runde hat Mila das Schloss Eberstein bei Gernsbach im Murgtal gesetzt. Die Sage vom Grafensprung beschäftigt seit kurzem ihre Fantasie. Laut der Sage, solle der Graf Wolf von Eberstein aus der von Württembergern belagerten Burg durch einen gewaltigen Sprung mit seinem Ross vom steilen Felsen direkt in die Murg entkommen sein. Es ist nicht verkehrt, seinem Geist eine Beschäftigung zu schenken, während man seinen Körper bis an die Grenze seiner Erschöpfung treibt.
Die Strecke speichert sie auf ihrem Garmin GPS-Gerät. Am Tag vorher ließ sie die Tour noch mal durch ihren Kopf gehen. Direkt von Zuhause nach oben Richtung Zuflucht und ab dort dem Westweg folgen bis nach Sand an der Schwarzwaldhochstraße und dann Richtung Badener Höhe halten. Weiter über die Rote Lache zum Schloss Eberstein. Am Schloss eine Mittagspause mit selbst gemachten Broten und den Blick ins Murgtal genießen. Anschließend das Tal Richtung Loffenau überqueren und wieder einen Weg nach ganz oben zu dem Teufelsmühlenturm finden, weiter Richtung Hohlohturm fahren und dann auf dem Mittelweg nach Besenfeld, weiter nach Baiersbronn. Der letzte Anstieg rauf nach Kniebis und dann ist es fast bis nach Hause geschafft.
Ein Sommertag im Sattel
„Gut geplant und Glück gehabt“, so berichtet Mila am Abend Zuhause über ihr Abenteuer. Aufgewacht im Morgengrauen ohne einen Wecker erlebt sie auf dem Weg nach Zuflucht das grandiose Naturspektakel: Die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich hinter dem Windrad an der Alexanderschanze. Der ganze Weg bis zum Ruhestein liegt noch im kühlen Schatten der Berge. Erst die Auffahrt vom Seibelseckle zu der Hornisgrinde kündigt die Hitze des bevorstehenden Tages an.
Auf dem Weg zur Roten Lache muss sie kurz anhalten um den Blick auf die YBurg, das Alte Schloss Hohenbaden, Battertfelsen und die Alt-Eberstein Burg wahrnehmen zu können. Kelten, Römer, Alemannen und Franken zogen einst durch dieses Land, sie kamen und gingen. Ob auch mal einer von ihnen an dieser Stelle stand und wie Mila erstaunt nach Westen schaute, dabei in Gedanken, wie schön es hier ist. In ihrer Fantasie reiten die Ritter der Grafen von Eberstein diesen Weg von Süden zur der Eberstein Burg.
…Um 12:04 Uhr verspeist Mila ihr Brot vor dem Tor der Eberstein Burg und lacht dabei: „Eine Verspätung zur Mittagspause um 4 Minuten ?“.
Bis dahin läuft es überraschend gut. Ab Loffenau ist es das Ende der Komfortzone. Der geplanten Weg lässt sich einfach nicht finden. Hitze, Zweifel, steile Schiebepassagen, lästige Fliegen und Durst reduzieren Milas Wahrnehmung auf pures Durchhalten. Als Mantra wiederholt sie sich: „Alles hat sein Ende, nur die Wurst zwei“.
Circa drei Stunden braucht sie um oben am Teufelsmühlenturm anzukommen. Die weitere Fahrt auf einer zweispurigen Waldpiste wirkt auf Mila ziemlich monoton, fast langweilig. Sie hat sich auf die Begegnung mit diesem seit uralten Zeiten bekannten Handelsweg vom Badischen Land in die Württembergerische Gebiete, der Alten Weinstraße genannt, sehr gefreut. Aber zum Mountainbiken macht dieser Weg wenig Spaß.
Kein Brunnen ist weit und breit zu sehen. Die Bäche sind von der Hitze der letzten Wochen ausgetrocknet. Weißer Staub bedeckt den Rahmen ihres Schwarzen Endos. Ihre Füße brennen und bitten um Gnade.
Ein paar Minuten barfuß auf dem abkühlenden und sanften Grass zu stehen rettet schon die schwindende Stimmung. Und das grade an der Stelle, wo der Mittelweg die unendliche Forest-Autobahn verlässt und in einen knapp über 10 km langen verspielten Trail durch eine blühende Heide verwandelt. Hier herrscht Wildnis pur. Vom Blitz angeschlagene kahle Baumstämme stehen hier und dort. Die Spuren der Alten Weinstraße sind optisch nicht mehr zu erkennen. An der Hütte zum Toten Man wird der Trail wieder zu einer breiten zweispurigen Schotterpiste, die nach Besenfeld führt.
Von Besenfeld bis nach Baiersbronn ist es nur noch ein Katzensprung. Danach führts die leicht steigende Sankenbachstraße rauf nach Kniebis. Milas Herz klopft schneller, als sie auf dem Bauerkopf über Bad Griesbach steht und den Sonnenuntergang betrachtet. Nach 13-stündiger, pannenloser Fahrt ist sie im richtigen Moment am Ende ihres SiS@Home Abenteuers angekommen.